Gedanken zur Wahrnehmung von Sympathie und Kompetenz

Kürzlich habe ich auf Twitter sinngemäß gelesen (den genauen Tweet finde ich nicht mehr, ist aber auch nicht so wichtig, da er nur die Anregung für diesen Post lieferte), dass Frauen nicht sowohl sympathisch als auch kompetent wirken könnten.

Das stimmt nicht mit meinen Erfahrungen überein (wobei ich natürlich nicht sicher sein kann, wie ich tatsächlich auf andere Menschen wirke, aber mein subjektiver Eindruck widerspricht obiger Behauptung). Deshalb habe ich mir einige Gedanken gemacht, was dazu beiträgt, ob wir andere Menschen als sympathisch oder kompetent wahrnehmen.

Sympathie

Warum ich Menschen, die ich das erste Mal treffe, als sympathisch einschätze, kann ich gar nicht sicher sagen. Aber ich weiß, was auf mich persönlich unsympathisch wirkt, und einen schlechten (ersten) Eindruck vermittelt.
Menschen, die

  • sichtbare Piercings oder Tattoos haben
  • rauchen,
  • stark fettleibig sind,
  • unnatürlich gefärbte Haare haben,
  • übertrieben stark geschminkt sind,
  • deutlich wahrnehmbar nach Parfum oder Deo „duften“,
  • eine ungepflegt wirkende Erscheinung (Kleidung, Haare) haben,
  • ..

wirken auf mich persönlich erst mal unsympathisch. Das sind meine ganz persönlichen Kriterien. Andere Personen haben andere Kriterien.
Ich gehe davon aus, dass Menschen, die ähnliche Kriterien haben, einander eher sympathisch sind, als andere mit völlig abweichenden Kriterien.
Sympathie ist mir nur wichtig von Menschen, die mir ebenfalls sympathisch sind. Das ist wohl meist eine Angelegenheit auf Gegenseitigkeit.

Die Abwesenheit negativer Kriterien ist allerdings nicht hinreichend für Sympathie. Dafür muss man, denke ich, eine Person näher kennen, und es müssen weitere Übereinstimmungen in den Interessen und Ansichten bestehen.

Ich weise darauf hin, dass die oben gelisteten Kriterien alle von der jeweiligen Person selbst beeinflussbar sind. Davon ist nichts naturgegeben oder unveränderlich, weshalb sie Indikatoren für die jeweiligen Einstellungen oder Charaktereigenschaften der betreffenden Person sind.

Kompetenz

Um die Kompetenz einer Person einschätzen zu können, benötigt man mehr Informationen über sie. Ein selbstbewusstes Auftreten trägt sicherlich dazu bei.

Weder in Studium noch in Beruf hatte ich jemals den Eindruck, als inkompetent wahrgenommen zu werden (es sei denn, ich legte es selbst darauf an 😎 – Dummstellen kann manchmal amüsant sein).

Deshalb erstaunt es mich immer wieder, wenn ich von anderen Frauen Klagen höre oder lese, dass ihre angebliche Kompetenz angezweifelt wird.
Mir fallen dazu diese möglichen Ursachen ein:

  • Sie sind nicht so kompetent, wie sie sich selbst einschätzen.
  • Sie deuten völlig neutrale Hinweise und sachliche Aussagen als Infragestellung ihrer Kompetenz („Mansplaining“, „Manteruption“).
  • Sie haben eine eher kindliche oder alberne Erscheinung, die man nicht wirklich ernst nehmen kann.

Insbesondere zu letztgenanntem Punkt habe ich folgende Hypothese:
Die Zuordnung (vermeintlicher) Kompetenz ist unabhängig vom Geschlecht, aber stark durch die Körpergröße beeinflusst.

Kleine Kinder, die noch wachsen, sind von einer starken Korrelation von Körpergröße und Alter überzeugt – eine Vierjährige ist größer als ein Zweijähriger, und hat auch einiges mehr gelernt, ist also erfahrener und kompetenter. „Kompetenz“ wächst also – genauso wie die Körpergröße – mit dem Alter. Dass dieser Zusammenhang für ausgewachsene Menschen längst nicht mehr gilt, ist kleinen Kindern kaum begreiflich zu machen.
Vielleicht stecken in uns allen noch Überreste dieses frühkindlichen Glaubens, der ja auf grundlegenden Beobachtungen beruht.

/* Hierzu ein kleines Beispiel, das meine Mutter immer wieder über ihre Kindheit erzählte:
Ihre beste Freundin war (und ist immer noch) ein Nachbarsmädchen, das zwar ein Jahr älter, aber sehr zierlich (jetzt ist sie das nicht mehr) war. Laut meiner Mutter musste sie selbst viel mehr (in der Landwirtschaft) helfen, weil sie „ja schon so groß“ war und „das schon schafft“, während es bei ihrer Freundin hieß: „Das ist ja so ein zartes Dingelchen, was will man da viel verlangen.“
Das habe sie in ihrer Jugend oft gestört und genervt.
Wenn die wahrgenommene Kompetenz dazu führt, mehr tun zu müssen, so erwirbt der, der mehr tut, auch mehr Erfahrungen, übt und lernt dabei, was wieder einen Rückkopplungseffekt auf die tatsächliche Kompetenz hat. */

Möglicherweise hat auch die IMHO dümmliche Redewendung „auf Augenhöhe“ ihren Ursprung in dieser Erkenntnis.

Da Frauen im statistischen Mittel deutlich kleiner sind als Männer, ist es durchaus schlüssig, dass sie auch als weniger kompetent wahrgenommen werden.

Zudem gibt es Studien, die einen statistischen Zusammenhang zwischen Körpergröße und Intelligenz bestätigen.

Ich weiß nicht, inwieweit solche empirischen Wahrnehmungen, tatsächlich die Einschätzung von Kompetenz prägen. Die Vermutung liegt jedoch nahe, dass sie einen bedeutsamen Einfluss ausüben.
Weitere Forschungen in diese Richtung wären sicherlich interessant. Mir erscheint dies zumindest plausibler, als allein das Geschlecht dafür verantworlich zu machen.

Fazit

Es ist durchaus möglich, als Frau sowohl als kompetent als auch sympathisch wahrgenommen zu werden.
Die größere Herausforderung ist es, im beruflichen Umfeld sowohl professionell als auch sexy zu wirken. 😉

Über Anne Nühm (breakpoint)

Die Programmierschlampe.
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31 Antworten zu Gedanken zur Wahrnehmung von Sympathie und Kompetenz

  1. blindfoldedwoman schreibt:

    Besonders sympatische Menschen sind offen und zugewandt, freundlich. Sie haben einen

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  2. idgie13 schreibt:

    Die Äusserlichkeiten sind für mich bei Sympathie unwichtig. Tattoos und Piercings stören mich nicht. Ob jemand dick oder dünn ist, ist mir auch egal. Tendenziell sind mir aber Hungerhaken eher unsympathisch als lustige Dicke 😉

    Den Geruch finde ich allerdings schon auch wichtig.

    Sympathie und Kompetenz schliesst sich in meiner Wahrnehmung auch nicht aus. Den Zusammenhang mit der Körpergrösse könnte es tatsächlich geben. Kleine Männer sind mir meist suspekt und Giftzwerginnen mag ich auch nicht sonderlich.

    Gefällt 1 Person

  3. Plietsche Jung schreibt:

    Interessante Antworten 🙂
    Kleine Männer waren immer die, die Kriege angefangen haben (echt!)

    Jemand, der schmierige Haare, eine auf halb Acht hänge Hose trägt oder stinkt, kann ich nicht ernst nehmen, egal, was sie von sich geben. Kaugummikauende Basecapträge ebenso nicht.

    Und wenn man keine Ahnung hat, einfach mal die Schnauze halten. Diese Erkenntnis gilt immer und überall.

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  4. Jens-Martin schreibt:

    Sympathie, klar. Kompetenz ebenso. Aber was ist der sinnvolle Grund, im beruflichen Umfeld sexy wirken zu wollen? Das auf diese Weise dargestellte Pflegen eigener Eitelkeit beschädigt doch sowohl die kompetente als auch die sympathische Anmutung..

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    • Muss alles einen sinnvollen Grund haben?
      Solange es keinen Aufwand bedeutet, oder Nachteile verursacht, steht das doch im Belieben jedes einzelnen, das zu handhaben, wie man will.

      Trotzdem kann ich dir für diesen Fall sogar einen sinnvollen Grund nennen:
      Durch eine sexy, angenehme, feminine Erscheinung verbessere ich das allgemeine Image beruflich erfolgreicher Frauen, die oft genug nur auf das (vermännlichte, unattraktive) Karriereweib reduziert werden.

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  5. Jens-Martin schreibt:

    Sicher, dass damit das Image beruflich erfolgreicher Frauen _verbessert_ wird ? Das würde Kompetenz und Sympathie _alleine_ sehr wohl tun. Eine „sexy Erscheinung“ markiert jedoch zuerst mal, dass die Erschienene sehr genau um Existenz und Wirksamkeit des „pussy pass“ weiss. Dem männlichen Gegenüber bleibt dann nur noch zu warten, wann und wo dieser zu seinem Nachteil eingesetzt wird…

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    • Sicher, dass damit das Image beruflich erfolgreicher Frauen _verbessert_ wird ?

      Aber klar doch. Das signalisiert Geschäftspartnern, dass sie es mit keiner Femanze zu tun haben, und sondern aufgeschlossen und unverkrampft reden können, und nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen müssen.
      Natürlich darf man es mit der sexy Erscheinung nicht übertreiben. Auch hier macht nur die Dosis das Gift.
      Ich habe jedenfalls in etlichen Berufsjahren damit weit überwiegend positive Erfahrungen gemacht.

      Dem männlichen Gegenüber bleibt dann nur noch zu warten, wann und wo dieser zu seinem Nachteil eingesetzt wird

      Das erscheint mir denn doch etwas paranoid. Warum sollte dieser zu seinem Nachteil eingesetzt werden? Das ergibt doch überhaupt keinen Sinn.

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  6. rano64 schreibt:

    Ich kann nur bestätigen, dass kleine Männer überdurchschnittlich häufig extreme Unsympathen sind. Ganz anekdotisch habe ich weder beruflich noch privat jemals einen kleinen Mann getroffen, dem ich hätte vertrauen können.

    Ist und bleibt jedenfalls mein am besten gepflegtes Vorurteil.

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    • Mit Pauschalurteilen sollte man vorsichtig sein, aber es scheint tatsächlich so, dass auffallend kleine Männer häufig mit sich selbst unzufrieden sind, und dies nach außen unangenehm durchstrahlt.

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      • GOI schreibt:

        Wie definiert ihr eigentlich „kleiner“ Mann?
        Kann es sein, dass ihr kleine Männer, die sich nicht auffällig verhalten, gar nicht wahrnehmt?

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        • Ja, das kann schon sein.
          Es liegt mir fern, hierzu eine allgemeine Aussage zu treffen.

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          • GOI schreibt:

            Sagen wir es mal so: ich bin ein (relativ) kleiner Mann.
            Als Klassenkleinster (nach der Pubertät, in der Oberstufe, gab es immerhin drei kleinere Mädchen) habe ich gelernt, dass ich den Bullys nur ausweichen kann, indem ich zum Hobbit werde: stets unauffällig.
            So wie ihr bestimmt zig Anekdoten aufzählen könnt, in denen ihr Giftzwergen begegnet seid (was ich im Suff tatsächlich sein kann), kenne ich Anekdoten, in denen ich (von Frauen) einfach nicht wahrgenommen wurde.

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            • Unangenehme Erlebnisse mit Personen gleich welcher Art bleiben halt leichter in Erinnerung, als neutrale.
              Man neigt dann dazu, diese negativen Eigenschaften mit bestimmten anderen Eigenschaften in Verbindung zu bringen.
              Manchmal existiert schon eine (schwache) Korrelation, aber absolut auf einzelne Individuen darf man natürlich nicht schließen.

              Was das „Übersehen“ oder „nicht Wahrnehmen“ betrifft (jetzt doch eine Annekdote):
              In meiner Jugend litt ich zeitweise unter starken Rückenschmerzen. Ich bemerkte irgendwann, dass ich insbesondere, wenn ich mit anderen Personen unterwegs war (z:B. Schulweg) und mich dabei unterhielt, unnatürlich gebeugt ging.
              Als ich mich dann bemühte, gerade und aufrecht zu gehen, waren die Rückenschmerzen bald verschwunden, aber ich bekam schnell den Ruf (auch aufgrund meiner damaligen Schüchternheit), arrogant und hochnäsig zu sein.

              Tja .. man kann es halt nicht allen immer recht machen. Insbesondere, wenn man selbst vom Standard abweicht.

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