„Sexistische“ Einstellungsverfahren – sachliche vs. ideologische Gründe

Das Ziel des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) ist

Benachteiligungen aus Gründen [..] des Geschlechts [..] zu verhindern oder zu beseitigen.

Sein Anwendungsbereich bezieht sich u.a. auf Erwerbstätigkeit.

In §8 gesteht das AGG zulässige unterschiedliche Behandlung zu:

(1) Eine unterschiedliche Behandlung wegen eines in § 1 genannten Grundes ist zulässig, wenn dieser Grund wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen ist.

Im folgenden habe ich einmal in zufälliger Reihenfolge ein paar Beispiele aufgelistet, in denen bei einer zu besetzenden Stelle Männer oder Frauen bevorzugt werden sollen.
Mag sich jeder selbst eine Meinung bilden, welche Gründe sachlich gerechtfertigt, und welche nur ideologischer Natur sind.

  1. Die Geburtshilfeabteilung eines Kreiskrankenhauses sucht eine Hebamme zur Festanstellung.
  2. Ein Unternehmen möchte seinen Frauenanteil an der Belegschaft erhöhen.
  3. Die Stadtoper sucht einen Bariton zur Verstärkung des Opernchors.
  4. Eine Kundenberaterin will keinen männlichen Mitarbeiter, weil sie Angst vor Männern hat.
  5. Ein lokaler Handwerker kann nur männliche Gesellen einstellen, da getrennte Umkleideräume vorgeschrieben sind.
  6. Ein Screeningcenter sucht eine MTRA zur Erstellung von Mammographie-Aufnahmen.
  7. Eine Eventagentur sucht a) Hostessen und b) männliches Sicherheitspersonal für eine Großveranstaltung.
  8. Ein Geschäftsführer möchte einen männlichen Assistenten, weil er mit Männern besser zusammenarbeiten kann.
  9. Eine staatliche Universität will eine Hochschulprofessur nur mit einer Frau besetzen, obwohl ein perfekt geeigneter männlicher Bewerber vorhanden ist, aber keine annähernd geeignete Bewerberin.
  10. Ein Autohaus sucht eine Verkäuferin speziell als Ansprechpartnerin für Frauen.
  11. Die PR-Abteilung eines Unternehmens verkündet, dass zukünftig bevorzugt Frauen eingestellt werden.
  12. Ein Unterwäsche-Hersteller sucht weibliche Dessous-Models, um seine neueste Kollektion präsentieren zu können.
  13. Ein Speditionsunternehmen sucht Verstärkung zum Transport schwerer Kisten.
  14. A Das Team besteht bisher nur aus Männern. Nun soll (bevorzugt) eine Frau eingestellt werden, um den Frauenanteil zu erhöhen.
    B ein Mann das homogene Team zu erhalten.
    C Frauen. eine Frau
    D ein Mann den Männeranteil zu erhöhen.
  15. ..

Meines Erachtens gibt es durchaus verständliche Gründe, für manche Stellen einen Mann oder eine Frau zu bevorzugen.
Kritisch wird die Sache, wenn aus rein ideologischen Gründen ein bestimmtes Geschlecht bevorzugt werden soll.
Bisher konnte mir noch niemand erklären, warum es sinnvoll sein sollte, in manchen Berufen den Frauenanteil grundsätzlich – also ohne sachliche Basis – erhöhen zu wollen. Welchen Vorteil sollte das haben, außer der Durchsetzung ideologischer Vorgaben?

Über Anne Nühm (breakpoint)

Die Programmierschlampe.
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15 Antworten zu „Sexistische“ Einstellungsverfahren – sachliche vs. ideologische Gründe

  1. cis scum schreibt:

    Man muss es pragmatisch sehen; es geht darum, dass Frauen verstärkt zum Wohlstand beitragen. Mehr Frauen in der Physik oder Informatik werden dort keine Revolution auslösen, für bessere Arbeitsbedingungen sorgen oder sonstige Wunder vollbringen. Aber wo würden diese Frauen enden, wenn sie keine Physiker oder Informatiker werden?
    Wenn schon Gebären bei ihnen außer Mode ist, sollten sie stattdessen etwas halbwegs Vernünftiges tun und nicht auch noch Kulturwissenschaften, Germanistik, Jura oder Gender-Studies studieren.
    Irgendwie muss man ihnen solchen Unsinn austreiben. Sie mit bevorzugter Einstellung und anderen Leckerlis zu locken, ist dann eben ein Weg.

    Analoges gilt auch umgekehrt für Männer und Berufszweige, die ursprünglich von Frauen dominiert waren. Bevor sie rumgammeln und von Hartz IV leben, weil frühere männlich-dominierte Arbeit outgesourct oder von Maschinen übernommen wurde, sollten sie eben Erzieher oder Altenpfleger werden.

    Ich bin also ganz dafür, verstärkt Frauen an klassische Männerberufe heranzuführen und umgekehrt. Es sollte jedoch stärker mit Verweis auf ökonomische Gründe und Änderungen in der Arbeitswelt begründet werden; das ideologische Gebrabbel, das darum gemacht wird, verwirrt nur.

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    • Frauen, die – aus eigener Neigung und Motivation – einen MINT-Beruf ergreifen wollen, sollen dies tun.
      Aber mit den gleichen Standards und Anforderungen, die auch für Männer gelten. Keine durch spezielle Frauenförderung oder sonstige Maßnahmen verwässerten und aufgeweichten Bedingungen.
      Das geht durchaus, und nur so können Frauen konkurrenzfähig sein.

      Ökonomische Anreize im Sinne von besseren Berufschancen (also nicht irgendwelche Prämien oder Begünstigungen) sind OK, solange diese Frauen keine bevorzugte Behandlung erwarten.

      Aber wo würden diese Frauen enden, wenn sie keine Physiker oder Informatiker werden?

      Auf Frauen, die nur deshalb MINT studieren, weil sie ohne Frauenförderung oder „Leckerlis“ lieber Gender-Studies o.ä. studiert hätten, können wir gerne in MINT verzichten. Von denen ist kein Nutzen zu erwarten.

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  2. Molly L. schreibt:

    „Meines Erachtens gibt es durchaus verständliche Gründe, für manche Stellen einen Mann oder eine Frau zu bevorzugen.
    Kritisch wird die Sache, wenn aus rein ideologischen Gründen ein bestimmtes Geschlecht bevorzugt werden soll.“

    Das ist ja gerade die Schwierigkeit: Was der eine als sachlichen Grund, als Fakt ansieht, ist für den anderen ideologisch oder vorurteilsbehaftet.
    Einfaches Beispiel: Es wird ein männlicher LKW-Fahrer gesucht.
    Sachlicher Grund: (Die meisten) Männer sind körperlich stärker als (die meisten) Frauen, soweit alles OK.
    „Ideologischer“ Vorbehalt: Warum sollten Frauen gänzlich ausgeschlossen werden, obwohl manche Frauen stärker sind als manche Männer?
    Mögliche Lösung: Das Geschlecht Außen vor lassen und einfach nach einer körperlich starken Person suchen.

    Das klappt natürlich nicht immer. Wäre aber mal ein Anfang, bei dem niemandem allein aufgrund seines Geschlechts eine Kompetenz abgesprochen werden würde.

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    • Deshalb habe ich hier ja einige Beispiele genannt. Welche davon findest du denn eindeutig sachlich begründet, und welche davon überhaupt nicht?

      Bei deinem Beispiel mit dem LKW-Fahrer kommt es m.E. darauf an, ob er nur fahren muss – dann könnte das eine Frau genauso – oder ob er auch beim Be- und Entladen schwere Gegenstände herumwuchten muss.
      In letzterem Fall wäre es sinnvoll und empfehlenswert, einen kräftigen Mann vorzuziehen. Schwächliche Männer werden dann genauso aussortiert. Es sagt ja niemand, dass alle Männer geeignet seien, aber Frauen grundsätzlich überhaupt nicht.

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      • Patrick Albrecht schreibt:

        Wieso du jetzt hier einen „kräftigen Mann“ vorziehen willst, wird mir leider nicht ganz klar, eine Gleichbehandlung liegt nur vor wenn du hier eine „kräftige Person“ vorziehen würdest.

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        • Auch eine sehr kräftige, gut trainierte Frau ist (in den allermeisten Fällen) noch schwächer als ein (über)durchschnittlich kräftiger Mann.

          Körperkraft-Unterschiede zwischen Mann und Frau

          In einer Stellenausschreibung würde ich es gender-neutral formulieren. Das ändert aber nichts an der Realität.

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          • Miria schreibt:

            @Breakpoint:
            Allein gesundheitlich darf beruflich gar nicht so schwer getragen werden (auch von Männern nicht), dass es auch für Frauen nicht möglich ist.
            Und für diese Tätigkeit brauchst du nicht die kräftigste Person, sondern eine Person, die genug Kraft hat für die Entladetätigkeiten.
            Wir tragen bei uns auf Arbeit auch teilweise 70-100kg schwere Haustüren zu zweit, das kann auch eine Frau.
            Hier Frauen aus Prinzip auszuschließen, finde ich unsinnig.

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            • Allein gesundheitlich darf beruflich gar nicht so schwer getragen werden (auch von Männern nicht), dass es auch für Frauen nicht möglich ist.

              Für viele Frauen ist es durchaus „möglich“, Kisten mit – sagen wir – 30 bis 40 Kilogramm Masse herumzutragen.
              Aber während dies für die allermeisten Frauen anstrengend und ermüdend ist, schaffen das Männer normalerweise recht locker.

              Gelegentlich solche Lasten zu tragen – wie bei deinem Türbeispiel – ist m.E. nicht das Problem, insbesondere, wenn es zusammen mit einem (männlichen?) Kollegen passiert.
              Aber die Wahrscheinlichkeit, dass zwei beliebig ausgewählte Frauen zusammen eine 100kg schwere Tür um einen Meter hochheben können, ist verschwindend gering (dass es bestimmte Frauen gibt, die so etwas schaffen, bestreite ich nicht).

              Bei einem Job, bei dem der wesentliche Anteil ist, schwer zu heben und zu tragen (also nicht nur zwischendurch mal, und auch ohne wirksame Hilfsmittel), sind Frauen i.A. deutlich früher ausgepowert und müde als Männer. Das erhöht auch die Unfallgefahr.

              Wenn ich solch einen Job (Lagerarbeiter o.ä.) zu besetzen hätte, würde ich es mir also mindestens zweimal überlegen, dafür eine Frau einzusetzen, wenn es auch männliche Alternativen gibt.
              Es ist auch eine Frage des Arbeitsschutzes und der Unfallversicherung.

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      • Molly L. schreibt:

        Gut, ich versuche mich mal an Deiner Liste 🙂
        1. Finde ich blöd. Was spricht gegen einen Geburtshelfer? Gynäkologen – die ja bei Komplikaitonen auch bei einer Geburt anwesend sind und auch Kaiserschnitte durchfgühren – gibt es ja auch in männlich. Warum sollten die weniger kompetent sein als Hebammen? Meine erste Hebamme war jünger als ich und hatte noch keine eigenen Kinder und hat trotzdem einen super Job gemacht. Ich kenne viele Frauen, die sich bei einem männlichen Gynäkologen nicht wohlfühlen, meinetwegen, aber dann sollen die sich selbst drum kümmern, nur mit Frauen zu tun zu haben. Finde ich irgendwie doof so.
        Gut, auf der anderen Seite gibt es natürlich die Hemmung gegenüber dem anderen Geschlecht bei manchen Sachen, daher auch getrennte Duschen, Klos etc. Schwierig.
        2. Das ist kein Grund.
        3. Ein Bariton ist ein Bariton ist ein Bariton. Das ist keine Frage des Geschlechts, also vollkommen OK.
        4. Ich frage mich, wie die Frau überhaupt arbeiten kann? Dieser Fall läuft außer Konkurrenz, weil ein ernsthaftes, persönliches Problem dahintersteht. Das sollte die arme Frau lösen, damit sie wieder gut durchs Leben gehen kann.
        5. Dieser Grund ist für mich einleuchtend und nachvollziehbar. Es scheitert hier an gesetzlichen Vorgaben, die nicht ohne erhebliche Ressourcen (Zeit, Geld, Räumlichkeiten) umgesetzt werden können, da wird niemand diskriminiert.
        6. Hm. Hmm. Hmmm. Schwierig. Weiß ich nicht. OK, ist aber eigentlich im Grunde nichts anderes als bei der Sache mit der Hebamme. Schwierig.
        7. Zu den Hostessen sage ich mal nichts, da ich diese Art der Verkaufskaufskultur widerlich finde. Männliches Sicherheitspersonal zu suchen ist dumm. Müssen denn alle Männer muskelbepackte Superheroes sein? Und Frauen zarte Mäuschen? Ich kenne zufällig einen Sicherheitsservicechef und ein paar seiner Angestellten. Das sind etwas 2/3 Männer und 1/3 Frauen. Die haben aber alle etwas gemeinsam: Nicht etwa einen besonders großen Körperbau (es gibt auich Security-Firmen, die legen darauf Wert, dass jeder Bewerber über 1,78m groß ist), sondern ein sicheres Auftreten, ein hohes Maß an körperlicher Fitness, Kampfkunstkenntnisse und besuchte Schulungen in Bezug auf Deeskalationsstrategien.
        8. Völliger Blödsinn.
        9. Völliger Blödsinn, noch dazu gegenüber dem Mann in höchstem Grade diskriminierend.
        10. Klingt ja erst mal gut von wegen Rücksichtnahme etc., ist aber mEn im Endeffekt völliger Bullshit, der den Graben zwischen den Geschlechtern noch vertieft. Es geht hier schließlich nicht um eine sensible Angelegenheit wie eine Geburt oder so, sondern um eine Kaufberatung. Da sollen Frauen darin unterstützt werden, sich nicht mit der anderen Hälfte der Menschheit über EIN AUTO unterhalten zu können???? Langfristig gedacht einfach nur dämlich!
        11. Ich kann keine plausible Begründung erkennen.
        12. Wenn es Unterwäsche für Frauen ist, braucht man Frauen, um sie zu präsentieren, leuchtet ein.
        13. Zu einem ähnlich gelagerten Fall hatte ich ja bereits meine Meinung gesagt.
        „(…) aber Frauen grundsätzlich überhaupt nicht.“ – Ha, da kennst Du aber nicht solche Frauen, wie ich sie kenne! 😀

        So, darf ich mir jetzt ein Fleißsternchen abholen?😉

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        • 1. Ich hatte ausdrücklich Hebamme, und nicht Arzt/Geburtshelfer geschrieben.
          Du magst das OK finden, und dir sagen: „Das wird schon ein Profi sein“, aber die Klinik muss mit Vorbehalten rechnen, und tut – um Ärger vorzubeugen – gut daran, hier nur eine Frau einzusetzen.
          Es gibt viele Frauen, die auch nur zu Gynäkologinnen gehen, und nicht zu männlichen Frauenärzten.
          4. Ein ähnliches Beispiel gilt in feministischen Kreisen als durchaus legitim, denn schließlich kann man es der armen Frau doch nicht zumuten.
          5. Vielleicht sollte man hier die gesetzlichen Vorgaben lockern, denn dies ist häufig schon ein Hindernis.
          6. analog 1.
          8. Gar nicht. Warum soll er sich nicht aussuchen dürfen, mit wem er so eng zusammenarbeitet? Das ist eine wichtige Vertrauensstellung.
          9. Genau so einen Fall gab es vor ca. 2 Jahren in Berlin. https://bpmeta.wordpress.com/2014/06/13/mitglieder-nicht-willkommen/
          10. So einen Fall gab es erst kürzlich. Ein Mann hatte dagegen geklagt, und wurde abgeschmettert.

          Die anderen Punkte sehe ich ähnlich.
          Du kriegst deine Fleißsternchen! * * * * * * * * * * *

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  3. GOI schreibt:

    5. ist ohne Umbau machbar. Je nach Handwerk kann man sich auch zu Hause umziehen. Ansonsten sind gemeinsame Waschräume zulässig, wenn eine getrennte Nutzung gewährleistet ist (gerade bei Kleinbetrieben).

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    • Aha. Danke für die Information.
      Gerade das Beispiel mit den fehlenden Umkleideräumen wurde mir schon als Grund genannt, keine Frauen einzustellen.
      Das bezog sich aber auf einen etwas älteren Fall, und ich habe es nicht nachgeprüft.
      Ist es möglich, dass diese Regelung in den letzten Jahren gelockert wurde, und jetzt weniger streng gilt als früher?

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      • GOI schreibt:

        Ich beziehe mich auf § 6 Abs. 2 ArbStättV. Die aktuelle ArbStättV ist von 2004. Weiß nicht, wie es früher war, da ich mich erst seit 2007 mit Arbeitssicherheit beschäftige.
        Gemeinsame Umkleiden sind möglich, wenn es z.B. eine Männerzeit und eine Frauenzeit gibt. Ein abschließbares Büro tut es auch, wenn man z.B. nur die Bluse wechseln muss.
        Duschen und Toiletten gehen auch, wenn sie einzeln abschließbar sind (eine echte Tür haben).

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